Gewinner

Es gibt Tage im Leben, die sind so absurd, dass es Tage braucht, bis man versteht, dass sie wirklich so stattfanden. Einer dieser Tage war ein Donnerstag, Donnerstag, der 10. April 2014. Himmelhoch jauchzend, zu Tode betrübt, glücklich allein ist die Seele, die fiept. Ja, ich weiß, es heißt anders, aber ich nahm gefühlt alles mit, was es für eine richtig gute emotionale Achterbahn braucht.

Durch einen dieser kleinen, glücklichen Umstände, die das Leben mir so manchmal bietet (ich könnte sie an einer Hand abzählen), war es mir ermöglicht worden, als Teil eines studentischen Teams von Kreativen für meine Uni zum von Adobe ausgerichteten „New Creatives Meetup“ nach Berlin fahren zu dürfen. Dazu gehörte auch die Teilnahme am Creative Jam, einem Wettbewerb, der herausfinden wollte, welches Team innert weniger Stunden das beste kreative Konzept zu einem Thema entwickeln und umsetzen würde. Die einzig wirklich wesentliche Vorgabe war die Umsetzung auf gestellten Rechnern unter Verwendung der Produkte der Creative Cloud von Adobe. Doch was so einfach klingt, sollte sich in der Umsetzung als äußerst kompliziert herausstellen.

Einfach anreisen kann ja jeder

Ich mache keine halben Sachen. Wir schrieben gerade noch Mittwoch, mein Zug (wie alles von Adobe bezahlt, das sollte man der Ehrlichkeit halber dazu sagen) sollte um 5.53 Uhr ab Düsseldorf Hbf fahren, und natürlich war ich noch – viel zu spät, wenn man es genau nimmt – wach. Ich lag schon im Bett, hörte noch ein wenig Musik über den Rechner zum Runterkommen und wollte die Playlist aber nicht mehr weiterhören. Was also tat ich? Richtig. Noch einmal aus dem Bett zum Schreibtisch hechten. Das war die dümmste Idee, die ich seit langem hatte.

Zu dieser Uhrzeit war ich aber noch nicht fachärztlich begutachtet worden. Was tut ich also? Ich schaute meinen Freund mit Hundeblick (und wohl auch ein wenig schmerzverzerrt) an und bereitete mich auf eine Taxifahrt in die Notfallpraxis vor. Um den ganzen Prozess abzukürzen: Mein Kreislauf wollte auch ein bisschen Aufmerksamkeit, und bis Frau Doktor mittels Röntgenbild wusste, was mir von vorneherein klar war – der Zeh ist gebrochen! –, war es fast halb Zwei. Mit einem Dachziegelverband für meinen Zeh, einem Brief für meinen Hausarzt und der Anweisung, den Fuß hochzulegen und zu kühlen, schickte sie uns wieder nach Hause. Mein einziger Gedanke war: Fuß hochlegen? No way, du fährst nach Berlin!

Wieder daheim angekommen, bestellte ich mir – ein Hoch auf die Öffnungszeiten in Berlin – ein Paar Krücken zur Abholung in Berlin und haute mich für ein paar Stunden weniger als ursprünglich geplant aufs Ohr. Das einzige, was ich mir verordnete, war eine um eine Stunde verspätete Abfahrt. Die Nacht war eh kurz genug.

Ich kam nach Berlin, fragt nicht, wie. Nur soviel: Ihr glaubt gar nicht, wo sich überall Barrieren auftun, wenn ihr nicht wie die Mehrheit der Menschen problemlos laufen könnt. Vergesst nie, wie privilegiert ihr damit seid!

Ready, steady, #createnow

Das Event selbst war in zweieinhalb Einheiten unterteilt: Influencer- und Partner-Briefing einerseits (aber mehr darf ich dazu auch nicht sagen, das musste ich unterschreiben, denn es ging eben um damals noch kommende Neuheiten von Adobe) und Creative Jam andererseits. Davon darf ich aber umso mehr erzählen. Vom Ankommen um 12 Uhr über eine grundlegende Einführung und das Briefing wurde es 16.40 Uhr, bis es für uns Teilnehmer wirklich spannend wurde.

Die Ausgangssituation war folgende: es gab vier Teams à zwei bis vier Menschen. Diese bekamen ein wie auch immer geartetes Thema genannt und durften sich dazu knapp anderthalb Stunden Gedanken machen. Dann hatten sie noch einmal exakt 90 Minuten Zeit zur Umsetzung ihrer Ideen. Danach wurden die fertigen Ergebnisse vorgestellt und die Teams konnten untereinander jeweils einen bis drei Punkte vergeben. Ebenso konnten Menschen, die den Link zur Abstimmung haben, in einer Online-Abstimmung ihren Favoriten wählen. Die beiden Gewinner-Teams (oder das Team, das beide Wertungen auf sich vereint), bekamen ein bisschen mehr Anerkennung und Fotolia-Credits als die anderen Teams.

„Es gibt keinen einfachen Weg, der von der Erde zu den Sternen führt.“

Lucius Aennaeus Seneca d. J.

Dieses schöne Zitat von Seneca war das Motto für die vier Teams. Weitere Vorgaben außer den zuvor genannten gab es nicht. Die Freiheit in der Wahl der Ideen und der Werkzeuge (natürlich von Adobe, wobei Bildmaterial auch von Fotolia, was ja mittlerweile zu Adobe gehört) sorgte daher auch für eine entsprechende Vielfalt der Ergebnisse.

Ein Team entwarf eine spannende Werbekampagne für das Planetarium Berlin, das Senioren-Team (es war einfach die älteste Truppe) schoss sich selbst auf einen entfernten Planeten, das dritte Team entwickelte in der Kürze der Zeit ein kleines, aber feines Browsergame und wir, das „Team Edu“ (bestehend aus je zwei Studenten der HTK in Hamburg und der BUW in Wuppertal), zimmerten das oben zu sehende Composing mit dem Pinguin. Während Patrick Romer und ich uns primär kreativ und in der Ideenfindung beteiligten, vollbrachten Florian Breitzmann und Lukas Vagt an Rechnern das Wunder: einen Pinguin in Fliegerjacke mit Luftballon.

View this post on Instagram

Huch. Gewonnen. #createnow #creativejam

A post shared by Hendryk Schäfer (@pillenknick) on

Das Ergebnis war recht eindeutig: für das so liebevoll gestaltete Browsergame gab es trotz seiner Unfertigkeit den Publikumspreis (immerhin war es ja auch ein Ziel der Veranstaltung, die Möglichkeiten der Creative Cloud zu demonstrieren), der Preis der teilnehmenden Teams ging an uns. Das hieß: Siegerehrung auf Krücken. Damit hatte ich in der Nacht nun wirklich nicht gerechnet.

Nach ein paar spannenden Gesprächen und einem kleinen Büffet wollten wir dann eigentlich noch irgendwo in Berlin einen Heben gehen, aber ich musste die anderen ziehen lassen. Ich war einfach fertig mit der Welt – und laufen konnte ich auch nicht mehr. Wenn aber körperliche Leiden Grundlage für den Erfolg sind … dann muss ich mir noch einmal schwer überlegen, ob ich wirklich immer gewinnen will.